Exkursion Schlieren

Schlieren - Gasometer und Künstleratelier


Exkursion nach Schlieren - Gasometer und Künstleratelier

Eine beeindrucke Exkursion an einen bemerkenswerten Ort!

Diese Exkursion führte uns nach Schlieren zu zwei sehenswerten Bauwerken. Wir besuchten den letzten in der Schweiz noch erhaltenen dreihübigen Teleskop-Gasbehälter von 1899, Teil des historischen Gaswerks von 1897, welches in den 60er Jahren stillgelegt wurde und nun unter Denkmalschutz steht. Auch das ehemalige Apparatehaus haben wir besichtigt. Es wird als Künstleratelier genutzt. Beide Bauwerke haben eine bauliche Veränderung mit Bauteilen aus Holz erfahren. Von besonderem Interesse beim Gasbehälter sind dessen erhaltene Eisenkonstruktion und die technische Umsetzung der neuen, schützenden Kuppelkonstruktion. Beim Künstleratelier überzeugt die konsequente Wiederverwendung von Bauteilen für den Umbau – Holzfenster aus einer Siedlung, alte Holzgeländer und Holzplatten eines Bahnübergangs.

Dr. Barbara Berger gab uns eine Einführung in die Konstruktion und Typologie des Gasbehälters. Diese technische und historische Einführung basierte auf ihrer Promotionsarbeit «Der Gasbehälter als Bautypus». Die über 120-jährige Geschichte des Gasbehälters wird in den Kontext der Bauwerke seiner Epoche gestellt, und die entsprechende Ingenieurleistung wird gewürdigt.

Im Anschluss dieses hochinteressanten Vortrags führte uns Jürg Conzett zum Gasbehälter und stellte das realisiertes Projekt für die Erhaltung vor. Denn der letzte erhaltene dreihübige Teleskop-Gasbehälter der Schweiz von 1899 ist vom Rost befallen. Seit 2022 schützt eine Kuppelkonstruktion aus Holz die noch bestehenden Hubteile und das ehemalige Wasserbecken des Bauwerks vor Regen. Die Konstruktion wurde sorgfältig geplant. Zuerst setzte man den stählernen Zentralknoten in der Mitte der Kuppel auf einen provisorischen Gerüstturm. Auch erhielt die bestehende Stahlkonstruktion einen im Grundriss kreisförmigen stählernen Ringträger aufgesetzt, der als Zugband funktioniert und der einzige Eingriff in den Bestand ist. Er dient der druckbeanspruchten Kuppel im Bereich der Traufe als Lager. Zwischen Ring und Knoten spannen die Sparren, wobei jene bei den Primärpfosten des Stahlbaus mit Schichtholzplatten verbunden wurden und der Gesamtstabilisierung dienen. Kaum stand dieses Schirmgerippe aus räumlich ausgesteiften Bauteilen, konnte das Gerüst beim Zentralknoten entfernt werden. Das mit einer abdichtenden Membran bedeckte Holztragwerk spannt seither frei über dem Gasometer. Bei der Begehung, die uns auf den und in den Behälter führte, war auch Herbert Bruhin dabei, der die Bauleitung am historischen Projekt verantwortete.

Nach dem Mittagessen im Tiara-Grill, das wirklich empfehlenswert ist, führte uns der Weg zum ehemaligen, heute denkmalgeschützten Apparatehaus, das umgebaut wurde. Seit seiner Stilllegung in den 60er Jahren wird der Raum als Künstleratelier genutzt. 2021 entstanden aus dem grossen, 10 m hohen Raum vier kleine Räume. Den Entwurf bestimmten dabei die maximale Reversibilität, um die denkmalgeschützte Bausubstanz zu schonen, sowie ein behutsamer Umgang mit den eingesetzten Ressourcen, da die Nutzungsdauer nur 10 Jahre beträgt. Es wurden viele Bauteile wiedergenutzt: Die Holzfenster stammen aus einer Blockrandsiedlung aus Zürich, die Holzlatten waren das Geländer einer Strassenüberführung und die Wand- und Deckenkonstruktion aus Holzplatten dienten ursprünglich einem provisorischen Bahnübergang in Winterthur. Die weissen Streifen des Blindenleitsystems aus der Zeit des Bahnübergangs zeichnen ein eigenwilliges Muster auf die Wände der Atelierräume. Tian Lutz, Architekt und Objektdesigner im Atelier der AZB - Arbeitsgemeinschaft Zürcher Bildhauer führte uns durch die Räumlichkeiten und Thomas Rimer, Vorstandsmitglied und Projektleiter bei Pirmin Jung AG erklärte uns die Holzkonstruktion aus wiederverwendeten Bauteilen.

Weiterführende Informationen finden Sie in der gelungenen Broschüre der Stiftung Gasometer, die als Verwalterin des einzigartigen Denkmals der Technikgeschichte fungiert:


Wobei «einzig» in der Broschüre nicht ganz stimmt. In Deutschland sind noch viel mehr Teleskopgasbehälter als die bekannten in Berlin-Schöneberg und Berlin-Mariendorf erhalten. Zu denken ist auch an Stade und auch Pforzheim - letzterer wurde in ein Assisi-Panometer umgebaut.

Lesenswert ist auch der NZZ-Artikel «Gas aus Steinkohle für alle»


Der Artikel greift den Gasbehälter als Thema auf. Ihn, der einst zur grössten Energieanlage der Schweiz gehörte und heute noch durch seine Einzigartigkeit besticht - wenn auch leider ungebraucht, aber dafür mit einem Regenschirm vor weiterem Zerfall geschützt.

10. Juni 2023

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